Larry Niven
Das Schicksal der Ringwelt
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»Das Schicksal der Ringwelt« von Larry Niven
Es ist schon eine schwere und oftmals auch recht mühselige Kost, die das Autorenduo Larry Niven und Edward Lerner in dem Buch Das Schicksal der Ringwelt (OT: Fate of worlds) ihren Lesern vorsetzen. Nichts desto trotz, ist es gleichzeitig aber auch eine ungemein interessante und lesenswerte – vorausgesetzt, man kennt sich im Know space einigermaßen gut aus, und hat die letzten (gefühlten) 30 Bücher aus dieser Reihe (und aller verwandten gleich mit dazu) im Kopf. Ansonsten könnte es sehr sehr schwer werden, denn die beiden Autoren schlagen gleich mehrfach Kapriolen und arbeiten so ziemlich die gesamte Historie der Ringwelt und aller damit verbundenen Nebenreihen auf. Der unkundige Leser wird sich ins kalte Wasser gestoßen fühlen.
Das Buch lässt sich bequem in zwei Erzählebenen aufteilen. Ein Hauptstrang der Geschichte bilden die Ereignisse rund um Sigmund Ausfaller und New Terra:
Nachdem sich die Flotten gleich dreier Sternenreiche, das der Kzinti, der Menschen und das der Trinocs, um die Ringwelt versammelt haben um sich um deren Technologie und Ressourcen zu prügeln, verschwindet diese einfach auf Nimmerwiedersehen in den Hyperraum. Durch die dabei entstandene immense Hyperraumschockwelle aufgescheucht, schickt man von New Terra aus das Raumschiff Endurance los, um sich in dem Gebiet einmal umzusehen und Erkundigungen einzuholen. Dort angekommen, trifft man neben den versammelten Flotten auch gleich auf die Long Shot, dass Raumschiff von Nessus und Louis Wu. Auch wenn die Menschenkolonie auf New Terra lieber keinen Kontakt mit ihren verschollenen Brüdern von der Erde knüpfen möchte, zieht Sigmund Ausfaller doch wieder alle Register und kann die Kommandantin der Endurance dazu bewegen, mit dem ARM Raumschiff Koala in Kontakt zu treten. Sehr zum Missfallen der Regierung New Terras. Diese will nun durch eine fingierte Einladung die Koala nach New Terra locken um sie dort schlicht und ergreifend zu zerstören und so den sich anbahnenden Kontakt mit der Erde endgültig unterbinden. Doch Ausfaller erkennt den Plan und will ihn durchkreuzen.
Bei diesen Geschehnissen kann sich der Leser gleich über mehrere altbekannte Gesichter freuen. Alice Jordan, Louis Wu, Sigmund Ausfaller, Nessus und Baedekker – alle tauchen sie auf und feiern ein rührendes Wiedersehen. Das manche diese Figuren teilweise schon Hunderte von Jahren auf dem Buckel haben ist dabei unerheblich. Dank Boosterspice und Autodoc bleiben sie ewig jung und hübsch. Besonders der Autodoc erweist sich dabei als wahre Zaubermaschine, kann er nicht nur Menschen verjüngen, sondern sogar Tote wieder zum Leben erwecken. Das hat natürlich den Vorteil, dass man auf diese Art und Weise noch zahlreiche Geschichten rund um die Charaktere schreiben kann. Allerdings werden sie durch diese deus ex machina nicht unbedingt glaubwürdiger.
Der Konflikt zwischen Ausfaller, der als Erdgeborener unbedingt wieder Kontakt zu seiner Heimatwelt aufnehmen möchte, und der Regierung von New Terra, die diesen Kontakt unbedingt vermeiden möchte, wirkt leider etwas aufgesetzt. Irgendwie scheinen Niven und Lerner hier künstlich und ohne Not eine Konfrontation herbeischreiben zu wollen. Möglicherweise ist das aber auch der einzige Weg, Ausfaller noch einmal groß auftrumpfen zu lassen. Denn es ist (mal wieder) der Paranoia des ehemaligen ARM Agenten zu verdanken, dass der perfide Plan der Regierung vereitelt werden kann. Warum sonst sollten sich die führenden Köpfe New Terras einer Wiedervereinigung mit ihrer Mutterwelt entgegenstellen?
Der zweite große Handlungsbogen beschäftigt sich mit der Weltenflotte der Puppenspieler und den beiden Akteuren Nessus und Baedekker:
Da die drei Flotten nun nicht mehr in den Besitz der Ressourcen der in den Hyperraum gesprungenen Ringwelt gelangen können, entschließen sie sich kurzerhand Kurs auf die Weltenflotte der Puppenspieler zu nehmen. Dort hat man das Herankommen der zahlreichen Raumschiffe bereits ängstlich zur Kenntnis genommen. Genau wie im Vorgängerband Verrat der Welten , versucht Achilles wieder das Kommando über die Weltenflotte zu übernehmen, steht aber nach wie vor noch unter der Fuchtel von Ol`t`ro – jener Kollektivintelligenz, die unter anderem erst aufgrund seiner Machenschaften die Kontrolle über die fünf Planeten übernommen hat. Mit Hilfe der künstlichen Intelligenz Proteus, die dazu erschaffen wurde die Weltenflotte im Ernstfall zu verteidigen, erhofft er sich nun, die Kontrolle der Ol`t`ro zu brechen. Um Proteus aber ausbauen und zum Einsatz bringen zu können, muss er erst einmal einen Krieg vom Zaun brechen. Am besten gleich mit den Kzinti. Auch Nessus und Baedekker, die mittlerweile die Weltenflotte angeflogen haben, planen Ol`t`ros Macht zu brechen - und die von Achilles gleich mit dazu. Während Achilles Plan völlig aus dem Ruder läuft, gelingt es zumindest Baedekker sein Vorhaben durchzuführen – mit allen damit verbundenen schrecklichen Konsequenzen.
Für diesen Teil der Handlung, ist ein gesundes Vorwissen unabdingbar. Wer nicht weiß wer Ol`t`ro ist und wer sich mit den zahlreichen Puppenspielern nicht auskennt, steht hier auf verlorenem Posten, denn Niven und Lerner tauchen hier tief in die vorherigen Bände ein. Oftmals wird die Zeitebene gewechselt und vergangene Ereignisse neu beleuchtet. Ich empfinde das Intrigenspiel von Achilles, Ol`t`ro, der KI Proteus und von Nessus / Baedekker, die allesamt ihre eigenen Vorstellungen von der Zukunft der Weltenflotte haben, als sehr anregend und ungemein spannend.
Die zwischendurch stattfinde Action wird sehr dezent und mager dosiert, als Spannungsmittel eingesetzt. Ein etwas tiefgründigere Plot rund um Louis Wu und Alice Jordan wäre wünschenswert gewesen. Beide geraten in ihren Auftritten doch etwas zu kurz und kommen nur sporadisch zum Einsatz. Genau genommen sind sie für die eigentliche Handlung sogar völlig irrelevant.
Ich muss gestehen, dass ich die Puppenspieler sehr mag. Eine Rasse wie diese ist mir in meiner mehrjährigen Lesehistorie noch nie begegnet. Wie diese Rasse, deren Mitglieder reihenweise bei einer gefährlichen Situation blökend in Katatonie verfallen, es überhaupt geschafft hat als Kollektiv zu überleben, verwundert mich immer wieder. Aber gerade diese Feigheit, die das hervorstechendste Merkmal der Puppenspieler ist, macht sie mir als Volk und auch als Individuum so ungemein sympathisch. Würde man von einem Menschen behaupten er sei ein Feigling, würde man sich wohl großen Ärger mit ihm einhandeln. Würde man dies jedoch zu einem Puppenspieler sagen, würde dieser nur zustimmend nicken und sich für das Kompliment bedanken.
Eigentlich könnte man am erzählen dran bleiben, denn hier werden so viele offene und lose Enden mit einander verknüpft, dass es eine wahre Freude ist. Das Schicksal der Ringwelt ist ohne Frage eine würdige Fortsetzung der Known Space Reihe, aber irgendwie auch gleichzeitig ein hundsmiserabler Abschluß derselbigen. Zu viele Hintertürchen lassen sich die beiden Autoren offen. Wohin ist die Ringwelt verschwunden? Oder die nun etwas dezimierte Weltenflotte? Welche Intrigen wird der paranoide Ausfaller als Botschafter New Terras, auf der Erde entdecken? Fragen über Fragen.
Nachdem ich während der Lektüre meines letzten Buches so arg von der Übersetzung enttäuscht gewesen bin (es handelte sich um einen anderer Übersetzer), kann ich mich hier bei Frau Ritgen-Brandenburg nur bedanken. Das Buch liest sich stilistisch ausgesprochen gut und flüssig und transportiert, den für mich immer vorhandenen Charme des Known Spaces Universums, sehr gut ins deutsche.
Alles in allem hat mir darum das vorliegende Buch ausgesprochen gut gefallen. Für Leute, die mit der Ringwelt und dem Known Space Universum „aufgewachsen“ sind, ist Das Schicksal der Ringwelt auf jeden Fall eine Pflichtlektüre.