Neal Stephenson, Nicole Galland The Rise and Fall of D.O.D.O.
Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.
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»Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.« (The Rise and Fall of D.O.D.O.) von Neal Stephenson, Nicole Galland
Das vorliegende Buch präsentiert auf eine durchaus humorvolle Art und Weise den Versuch einer amerikanischen Geheimorganisation namens D.O.D.O. (das steht für Department of Diachronic Operations), mittels einer Zeitmaschine (um es mal vorsichtig zu formulieren) „gewisse geschichtliche Widrigkeiten“ ins rechte Lot zu rücken. Interessant dabei ist die Tatsache, dass diese Zeitmaschine nur mittels Magie funktioniert, für die eine etwas mürrische und nervtötende, dafür aber umso hübschere, Hexe namens Erszebet Karpathy verantwortlich zeichnet. Was bei solchen Operationen beachtet werden muss und notfalls sogar nach hinten losgehen kann, erfahren unsere Protagonisten teilweise am eigenen Leib.
Ich muss allerdings gleich zu Anfang darauf hinweisen, dass der Klappentext des Buches nicht korrekt ist, denn D.O.D.O. möchte NICHT die Magie in unsere Welt zurückholen, da dies auch gar nicht wünschenswert wäre. Die Zeit hat nämlich die unangenehme Gewohnheit, auf tiefgreifende, durch Zeitreisen erzwungene Veränderungen, radikal in Form einer diachronen Scherung zu reagieren. Was nichts anderes bedeutet, dass alles im Umkreis von mehreren hundert Metern am Ausgangsort der Veränderung in die Luft fliegt. Die Zeit repariert sich quasi selbst. Nur ganz subtile Veränderungen, die keine große Auswirkung in der Zeit haben und somit nicht für ein Paradoxon sorgen, sind möglich. Die Zeit, in welche die zeitreisende Person daher zurückkehrt, unterscheidet sich darum auch nicht sonderlich von der Zeit, aus der sie gekommen ist. Was der zweite Fehler im Klappentext ist.
Auch kann man nur bis VOR den Zeitpunkt des Verschwindens der Magie im Jahr 1851 reisen, alles was danach kommt, ist nicht mehr bereisbar. Warum das so ist, wird im Laufe der Story herausgefunden. Da jeder Zeitreisende ja auch wieder zurück in seine Zeit geschickt werden muss, bauen sich die Reisenden von D.O.D.O. in der Vergangenheit ein Netz aus „willigen Hexen“ auf, mit denen die Zeitreisenden vor Ort kooperieren und von denen sie wieder in ihre (also unsere) Zeit zurückgeschickt werden können. Das Auffinden solcher Hexen stellt für die Zeitreisenden kein Problem dar, da man aufgrund von historischen Berichten, die ihnen in unserer Zeit vorliegen, den Aufenthaltsort der Hexen zielsicher verorten können. In der Regel nehmen diese willigen Hexen die Bitte um Mitarbeit zwar wohlwollend, aber nicht ohne einen Wunsch nach einer Gegenleistung auf.
Ab und an holt sich D.O.D.O. sogar einige dieser willigen Hexen in unsere Zeit, damit diese Erszebet Karpathy bei ihrer Arbeit unterstützen können. Das hört sich zwar nach einer guten Idee an, ist es aber nicht wirklich, denn eine dieser in unsere Zeit geholte willige Hexe entpuppt sich als nicht ganz so willig und verfolgt eigene Ziele. Ihr Plan ist es, die verschwundene Magie in unsere Zeit zurückholen. Dafür muss sie aber das Ereignis, welches die Magie hat verschwinden lassen, rückgängig machen – und genau das könnte katastrophale Folgen für unsere Zeit haben. Unterstützung findet sie bei einer Horde mittelalterlicher Wikinger, die in unsere Zeit zurückgeholt wurden und die prompt den nächsten Walmart überfallen, da auch ihr Anführer seine eigenen Pläne verfolgt. Das Chaos ist somit vorprogrammiert.
Der Anfang des Buches wird aus der Sicht der fünf ursprünglichen Gründer von D.O.D.O. erzählt, auch unternehmen sie die ersten Zeitreisen. Da man eine Änderung in der Zeit in der Regel nicht auf Anhieb erreichen kann (die Zeit reagiert schon mal etwas träge und besteht nicht nur aus einer Dimensionsebene), müssen sie, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, mehrmals hintereinander die gleiche Reise antreten. Einigen Hexen ist es möglich, innerhalb dieser Dimensionen hin und her zu springen (querspringen genannt) und das Ergebnis einer Zeitmanipulation zu begutachten.
Im Laufe der Story wächst D.O.D.O. erheblich an. Wissenschaftler, Abteilungsleiter, Spezialisten für gewisse Zeitalter, usw. blähen die Organisation auf, das Militär übernimmt die Kontrolle. So zur Mitte des Buches hin ändert sich die Erzählweise. Nicht mehr die Zeitreisen stehen fortan im Mittelpunkt, sondern die Autoren geben dem Leser durch ein Sammelsurium von Tagebucheinträgen, Blocks, internen Austauschen der Abteilungsleiter untereinander, D.O.D.O. Berichten, Personalakten, E-Mail oder privaten Chats der Mitarbeiter einen Einblick über das, was innerhalb der Organisation so abgeht. Bisweilen liest sich das recht lustig, wenn zum Beispiel über den Abkürzungswahnsinn innerhalb von D.O.D.O. diskutiert wird. Für quasi alles gibt es irgendwelche skurrilen oder witzigen Abkürzungen (DEPP, FÜCK. RUELPS,...). Im letzten Abschnitt ändert sich die Erzählweise wieder und konzentriert sich auf die Geschehnisse rund um die Intrige der willigen Hexe und die damit verbundenen Zeitreisen. Die Situation entpuppt sich für ihre Gegner als sehr verfahren, da sie die beiden führenden Köpfe von D.O.D.O. mittels eines Zaubers (den sie ihnen natürlich innerhalb der Zeitmaschine, in der die Magie ja funktionert, auferlegt hat) unter ihre Kontrolle gebracht hat. Ihre Intrige scheint zu funktionieren, aber durch das Überlaufen ihrer engen Verbündeten Erszebet zu ihren Feinden, zeichnet sich ein Hoffnungsschimmer ab.
Fazit
Es liest sich sehr interessant und humorvoll was die beiden Autoren Neal Stephenson und Nicole Galland hier zu Papier gebracht haben. Wer wofür zuständig ist erfährt man als Leser leider nicht. Die Geschichte als solches ist durchaus abgeschlossen, geht aber dennoch weiter. Den zweiten Band Master of the Revels hat Nicole Galland im Alleingang geschrieben und behandelt die Geschehnisse, die unsere, sich von D.O.D.O. losgesagten Revoluzzer, im Kampf gegen die abgefallene willige Hexe, erleben.