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Algis Budrys

Projekt Luna: Meisterwerke der Science Fiction


 
»Projekt Luna: Meisterwerke der Science Fiction« von Algis Budrys


Besprochen von:
 
Flavius
Deine Wertung:
(3.5)

 
 
Auf dem Mond entdecken Sonden ein außerirdisches Artefakt. Da die Raumfahrt jedoch noch nicht so weit entwickelt ist das man Astronauten dorthin schicken kann, greift man auf eine geniale Erfindung von Dr. Edward Hawks zurück. Hierbei handelt es sich um einen Materietransmitter, mit dessen Hilfe man lebende und tote Materie duplizieren und diese in einem Empfänger wieder materialisieren kann. Einer dieser Empfänger wird auf den Mond geschossen und nimmt dort seine Tätigkeit auf. Auf diesem Weg werden eine paar Navy-Spezialisten zum Mond abgestrahlt, die dort, in der Nähe des außerirdischen Artefakts, eine Basis errichten.

Bei der Untersuchung des Artefakts stellt man schnell fest, dass dieses ein tödliches Fallensystem enthält. Jeder falsche Schritt, jede falsche Bewegung, hat den Tod desjenigen zu Folge der in das System eindringt. Selbst wenn man sich nicht von der Stelle rührt, läßt das Gebilde einen nur so lange am Leben wie den Vorgänger. Diese Zeitspanne wird größer, je weiter man vordringt.

Mit Hilfe des Materietransmitters werden die Kopien von Freiwilligen in das Artefakt geschickt um es zu erkunden. Während die Kopien, bei dem Versuch das Artefakt auf dem Mond zu erkunden, sterben, lebt das Original auf der Erde weiter, erlebt jedoch in einer Art Flashback den Tod seiner Kopie mit. Doch nicht jeder Proband kommt mit dem erlebten Tod seiner künstlich geschaffenen Kopie klar. Nach kurzer Zeit verfallen viele dem Wahnsinn oder werden psychisch gestört.

Nur eine Art von Mensch könnte sich als die ideale Versuchsperson und als geistig stabil genug erweisen um dieser Aufgabe gerecht zu werden: Ein Egomane, von sich selbst überzeugt und der für den Tod nur Verachtung übrig hat. Dr. Hawks ist davon überzeugt, in Al Barker den richtigen Mann gefunden zu haben.

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Ein Kammerspiel in neun Akten oder auch Die Psychologie des Menschen
So oder ähnlich könnte man das im Jahr 1960 geschriebene Buch Projekt Luna (OT: Rogue moon) locker überschreiben. Denn nichts anderes ist dieses Buch. Die Inhaltsangabe gibt lediglich die Vorgeschichte wieder. Wer auch nur ansatzweise erwartet, dass Budrys die Ereignisse auf dem Mond schildert, wird enttäuscht werden. Bis auf die letzen 25 Seiten spielt die Geschichte auf der Erde und durchleuchtet einzig und allein die Charaktere von vier Menschen: dem Wissenschaftler Dr. Hawks, dem Personalchef Vincent Connington, dem Lebemann Al Barker und seiner Freundin Claire Pack.

Vier Hauptakteure die sich untereinander in seiten- und kapitellangen Diskussionen mit den Interpretationen des menschlichen Charakters, seiner Psyche, seinen Motivationen und der Frage Warum macht jemand genau das und nichts anderes? beschäftigen. Auf der einen Seite ist das zwar durchaus interessant, auf der anderen Seite jedoch hat man als Leser dann doch irgendwann die Faxen einfach dicke.

Ich könnte jetzt schreiben, dass der Roman seine Spannung aus der Interaktion dieser vier Protagonisten bezieht. Aber das wäre Nonsens. Fakt ist, dass die Spannungskurve flach ist und bis zum Ende flach bleibt. Das liegt auch daran, dass die Ereignisse auf dem Mond überhaupt nicht abgehandelt werden. Sie sind nebensächlich, sieht man vom Ende einmal ab, in dem sich Hawks und Barker durch das Gebilde kämpfen. Auf den ersten Blick klingt das erst einmal sehr schade, denn die Ereignisse auf dem Mond versprechen eine erheblich interessantere Story als die, die auf der Erde spielt. Ob das aber wirklich so ist, sei mal dahingestellt, denn die Erkundungstouren Barkers auf dem Mond dauern in der Regel nur Sekunden und endet immer mit seinem Tod.

Der Klappentext und das Cover sind daher sehr irreführend. Es gilt weder die Intelligenz einer fremden Rasse zu entschlüsseln, noch handelt es sich um ein Labyrinth auf dem Mond. Es ist vielmehr ein künstliches Gebilde, das weder Irrwege noch irgendwelche Verschachtelungen aufweist. Für den der es betritt, kommt es weder darauf an sich einen Weg zu suchen noch sich mit irgendwelchen Rätseln zu beschäftigen. Man tritt ein und muss es „nur“ schaffen auf der anderen Seite wieder lebend herauszukommen.

Das entpuppt sich jedoch als großes Problem, da man diesen Weg nur schaffen kann, in dem man zu bestimmten Zeiten eine bestimmte Bewegung vollführt oder eine genau festgelegte Körperhaltung einnimmt. So gesehen dürfte es eigentlich niemand schaffen das Artefakt jemals wieder lebend zu verlassen, denn die Möglichkeiten die sich ergeben um einen Fehler zu begehen sind unglaublich hoch. Ins Schmunzeln gerät man, wenn man sich die Überlegungen von Barker und Hawks bezüglich des Artefakts und seines Sinns durchliest. Ihre Vergleiche mit einem Käfer in einer Blechdose sind höchst interessant.

Auf die Technik der Duplikationsmaschine oder des Transmitters geht Budrys nicht ein. Sie ist da, wurde von Dr. Hawks erfunden und wird nun genutzt. Punkt. Hawks erklärt zwar öfters die Wirkungsweise der Maschinen, bleibt dabei aber oberflächlich und sehr allgemein. Man erfährt was passiert, aber nicht wie und warum. Fairerweise muss man aber zugestehen, dass eine nähere Durchleuchtung dieser Technik für die Handlung nicht zwingend notwendig ist (obwohl es sicherlich nicht ganz uninteressant gewesen wäre). Der Rest der menschlichen Technik befindet sich allerdings weiterhin auf dem Niveau der sechziger Jahre. Ein technischer Quantensprung, trotz der Hawkschen Erfindungen, hat nicht stattgefunden.

Auch wenn die Handlung träge ist und wenig spektakuläres zu bieten hat, kommt für mich dennoch keine allzu große Langeweile auf. Die Dialoge der Protagonisten sind stellenweise recht interessant und Budrys schafft es durch seine Erzählkunst immer wieder eine gewisse Leichtigkeit zu bewahren. Der Text liest sich flüssig, die Sprache ist einfach gehalten und daher unkompliziert.

Die Charaktere, auch wenn man durch die ständigen Diskussionen einen Einblick in ihr Innenleben bekommt, sind recht oberflächlich gehalten, denn alles dreht sich mehr oder weniger nur um das eine Thema „wer ist ein echter Mann und wodurch ist/wird er das“. Hinzukommen irgendwelche Machtspielchen und der Versuch der Männer, sich untereinander zu übertrumpfen („Hose runter, Schwanzvergleich“). Ich würde mit keinem von ihnen mal ein Bierchen trinken gehen wollen. Und mit Claire schon gar nicht.

Tja, was bleibt noch zu sagen?
Jeder der einen spannenden Roman über den Mond oder außerirdische Artefakte (wie es der Klappentext vorgaukelt) lesen will, ist mit Projekt Luna falsch beraten. Da gibt es passendere Lektüren, wie etwa Labyrinth der Nacht von Allen Steele (das allerdings von einem außerirdischen Artefakt auf dem Mars handelt) oder Der Mond ist eine herbe Geliebte von Arthur C. Clarke. Aber dennoch möchte ich den vorliegenden Roman nicht schlechtreden. Budrys hat mir mit Büchern wie Einige werden Überleben oder Harte Landung schon so manch schöne Lesestunden bereitet.
 


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