Robert Kirkman
The Walking Dead 4
Buchlisten
»The Walking Dead 4« von Robert Kirkman
„Nichts Neues aus Woodbury“, so könnte auf den ersten Blick die aktuelle Schlagzeile lauten. Alles geht seinen Weg, Philip Blake ist nach wie vor der Governor, die Untoten sammeln sich vor den Toren und Lilly Caul ist schwanger. Und von dem (relativ) nahegelegenen Gefängnis, in dem sich die Gruppe rund um Rick Grimes versammelt hat, könnte man auch das Gleiche behaupten. Aber, wie so oft, trügt der erste Anschein. Gar nichts ist Okay, nicht im Geringsten. Es brodelt im Untergrund und das gewaltig. Was sich in den drei Bänden zuvor schon vage angedeutet hat, dass nämlich der größte Feind der noch nicht infizierten Menschen nicht die Untoten, sondern vielmehr die „anderen Nichtinfizierten“ sind, wird nun zur Gewissheit. Hier kämpfen nicht Menschen gegen Untote, sondern Menschen gegen Menschen.
Ab und an entpuppt sich dieses äußerst spannend zu lesende Buch als richtige emotionale Achterbahnfahrt. Mehr als einmal möchte man sich einzelne Personen vornehmen um sie mal so richtig aufzurütteln, ihnen einfach nur zuzurufen: „Merkst du denn nicht wie du hier vom Governer manipuliert wirst? Komm endlich zu dir!“ Es ist einfach tragisch zu sehen wie das Unheil seinen Lauf nimmt, wie zwei Menschengruppen, die eigentlich in Frieden miteinander leben könnten, sich statt dessen aufeinander hetzen lassen. Ist denn da wirklich niemand der das perfide Spiel von Blake durchschaut? Sind wirklich alle nur Schafe, die sich kommentar- und willenlos zur Schlachtbank führen lassen? Auch wenn man als Leser immer wieder nur den Kopf schütteln kann und sich sagt „das gibt’s doch einfach nicht“, so muss man doch irgendwann erkennen, dass genau so das Leben ist. Eine einzige Manipulation, die schon mit dem TV, der Zeitung, Facebook oder der Werbung anfängt. Wir sind keinen Deut besser als die Einwohner Woodburys.
Wie Kirkman und Bonansinga mit ihren Charakteren umgehen, wie sie sie reihenweise ins Gras beißen lassen, ist schon beachtlich. Da wird kein Pardon gewährt. Selbst altbewährte Figuren werden, fast schon beiläufig und völlig unspektakulär, aus der Serie herausgeschrieben. Man kann es sich leicht machen und das Gemetzel auf den Wahnsinn und die Schlechtigkeit des Governors Blake schieben, aber das würde der Sache auch nicht annähernd gerecht werden. Blake ist einfach nur Blake, gefangen in seiner eigenen kleinen Welt.
Es sind vielmehr Menschen wie Lilly Caul, die einst ach so sympathische Lilly Caul, die dem Bösen Vorschub leistet. Lilly, die es eigentlich besser wissen müsste, macht sich zum Handlanger des Governors. Ohne wirklich zu hinterfragen was Recht und Unrecht ist, lässt sie sich von Blake so lange manipulieren, bis sie seine Lügen wirklich glaubt. Ihre Einsicht kommt zu spät, das Unheil hat bereits seinen Lauf genommen. Von Edmund Burke, dem britische Staatsmann, soll (angeblich) der Satz „Das Böse triumphiert allein dadurch, dass gute Menschen nichts unternehmen.“ stammen. Bei Lilly Caul trifft er voll ins Schwarze.
Die Handlung des Buches ist recht geradlinig, um es mal positiv auszudrücken. Worauf es hinauslaufen wird, dürfte den meisten Lesern schon nach den ersten Seiten klar sein, selbst wenn man die TV Serie, bzw. die Comics, nicht kennen sollte. Da gibt es keine feinen Kniffe oder überraschende Wendungen mit denen das Autorenduo überrascht. Aber, wie sollte das auch passieren, steht der Rahmen der Handlung doch bereits im Voraus fest. Man kann den Autoren daraus also wirklich keinen Vorwurf machen. Sollte es noch Zweifel geben ob hier die TV Serie oder die Comics nacherzählt werden, haben sich diese nun vollends aufgelöst - spätestens seit Lori Grimes und ihre neugeborene Tochter von Lilly Caul erschossen werden.
Wie oben schon einmal geschrieben, ist das Buch zwar megaspannend, hat aber mit einer Zombiegeschichte nicht mehr wirklich viel am Hut. Das ganze entpuppt sich eher als so eine Art Villarriba und Villabajo Geschichte, die einige vermutlich noch aus der Werbung für Waschmittel kennen. Während die beiden fiktiven spanischen Dörfer noch darum stritten wer am besten und schnellsten sein schmutziges Geschirr sauber bekommt, treten Woodbury und die Gefängnisinsassen ebenfalls in einen schmutzigen und blutigen Wettstreit. Nur gut, dass Governor Blake sich dabei als ein eher unmilitärisch begabter und dilettantischer Anführer entpuppt. Ich habe selten ein so unsinniges und munitionsverschwendendes Spektakel erlebt. Auch wenn so ziemlich alle Einwohner Woodburys über die Klinge springen, bleiben doch genug übrig, um dem Leser ein zumindest versöhnliches Ende zu bereiten.
Das man aus Schaden klug wird und aus Fehlern lernt, haben die Überlebenden bewiesen – und dürfen es auch weiter beweisen. Bereits für August des Jahres ist der fünfte Band der Reihe im Heyne Verlag angekündigt. Wenn sich das Buch ebenfalls so gut und flüssig liest wie das vorliegende, steht einem erneuten Lesevergnügen nichts mehr im Weg. Für mich ist The walking dead 4 (OT: The walking dead – The fall of the governor: Part two) jedenfalls der beste und spannenste Teil der Reihe.