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Madeleine Roux

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt


 
»Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt« von Madeleine Roux


Besprochen von:
 
Elohym78
Deine Wertung:
(3.5)

 
 
Hundert Jahre nach dem Ausbruch der Seuche, bei der sich die Toten erhoben haben, bitter Professor Michael E. Stockton den Autor Dr. Burroughs, Allison Hewitts Lebensgeschichte mit in seinem Buch zu veröffentlichen. Als Warnung, aber vor allem als heldenhaftes Beispiel einer Überlebenskünstlerin.

Allison Hewitt kann sich nach dem Ausbruch der Seuche mit drei Arbeitskollegen und zwei Kunden in den Pausenraum der Buchhandlung flüchten, in der sie Teilzeit arbeitet. Als ihnen die Lebensmittel ausgehen, müssen sie sich hinaus wagen und ziehen in die Wohnungen über der Buchhandlung um. In vermeintlicher Sicherheit kommen sie zur Ruhe und können überlegen, wie es weiter gehen soll. Allison schreibt einen Blog über die Geschehnisse, der aufmerksam verfolgt wird. Dank einer Radioübertragung weiß sie, in welche Richtung sie sich wenden muss, als die Wohnungen überrannt werden. Doch ist sie auf dem Campus in Sicherheit? Wie kann man etwas stoppen, was man weder versteht, noch begreift? Kann man jemals wieder unter freiem Himmel sicher sein, wenn selbst Eichhörnchen den Virus übertragen? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Aber auch ein Wettlauf gegen die Hoffnungslosigkeit. Auf der Suche nach ihrer Mutter, getrieben von purem Überlebenswillen, beginnt eine Reise durch den Tod und über ihn hinaus.

Angetrieben durch Blutgier und Hunger, haben sich Zombies durch die Mauern eines Buchladen gekratzt. Die Maueröffnung ziert das Cover, an der Seite ist eine Hand mit Totenflecken zu sehen. Ein besseres Bild hätte ich mir für dieses Buch nicht vorstellen können, da es den Beginn der Katastrophe bildlich wiederspiegelt.

Dank des Klapptextes und einer Leseprobe, war ich gut auf dieses Buch vorbereitet. Doch mit so einer gelungen Umsetzung hätte ich nie im Leben gerechnet! Es ist kein übliches Zombie-Spladder-Buch, wo hirnlose Kreaturen von Waffen schwingenden Möchtegern-Helden attackiert und natürlich stets besiegt werden, sondern ein Buch mit Gefühl, mit Intensität und Leidenschaft. Die Zombies stehen nicht im Vordergrund, sondern die Menschen, die sich in der neuen Zeit einfinden, sich in ihr zurecht finden müssen. Der Grad zwischen Wahnsinn und Bedächtigkeit ist sehr schmal und viele rutschen ab. Dies verdeutlicht Madeleine Roux häufig und auf erschreckende Art und Weise.
Während einige ungeahnte Kräfte in sich selber finden und ihren Mitmenschen helfen, sind andere nur auf ihr eigenes Wohl bedacht und gehen wortwörtlich über Leichen, um an ihr Ziel zu gelangen. Und am Ende, am Ende ruft doch jeder nur nach seiner Mama. Die Autorin lässt starke Extreme aufeinanderprallen und ich kam mir wie ein Stalker vor, der alles genaustens beobachtet und nicht weg sehen kann, auch wenn man dies möchte. Jede Handlung wird interessant, selbst wenn es der Gang zur Toilette ist. Denn wie dies funktioniert ohne fließend Wasser und Strom, dürfte nur den Wenigsten einen Gedanken wert sein. Mich eingeschlossen! Die kleinen, die selbstverständlichen Dinge des Alltags werden plötzlich in den Fokus gerückt. Dadurch fühlte ich mich dem Buch noch verbundener.

Etwas schade fand ich, dass die Geschichte damit beginnt, dass die Welt von Zombiehorden überrannt wird. Keine Erklärung, keine Ursache, kein Nichts. Eigentlich mag ich es, so in ein Buch geworfen zu werden und mich direkt von Actionszenen überrollen zu lassen, aber dass jeder Hauch einer Erklärung fehlt, finde ich schon schade. Auch, weil nicht offensichtlich ist, wer bzw. was alles von dem Virus befallen werden kann. Eichhörnchen ja, aber Fische und Vögel nicht. Warum? Hier hätte ich es gut gefunden, wenn Erklärungen geliefert worden wären, um dem Buch Tiefe und Glaubwürdigkeit zu vermitteln. Auch ist mir nicht klar geworden, ob sich alle Tote wieder erheben, oder nur ehemalige Lebende, die dem Virus ausgesetzt waren.

Die Charaktere sind Madeleine Roux authentisch, lebensnah und wunderbar gelungen. Ich konnte mich jeder Zeit in sie hineinversetzt und ihren Handlungen folgen. An manchen Stellen, auch wenn es um Morde ging, leider auch zu gut. Die Begründung, warum man in so eine ausweglosen Situation einen Mitmenschen umbringt, waren logisch und nachvollziehbar. Trotzdem drängte sich mir der Gedanke auf, ob immer der Zweck die Mittel heiligt. Ein merkwürdiges Gefühl, welches Beklemmung auslöste und mich dem Buch noch näher brachte. Wie aus normalen Bürgern wie dir und mir, Überlebenskünstler werden, zeigte Roux sehr gekonnt. Liebende werden auseinander gerissen, Eltern verlieren ihre Kinder, Nachbarn werden zur tödlichen Bedrohung.
In diesem Chaos versucht Allison Hewitt ihren Platz zu finden. Sie studierte Literatur, arbeitet in einer Buchhandlung und scheint so gar nicht auf das Kommende vorbereitet zu sein. Es war sehr interessant, ihrem inneren Wandel zu folgen; wie sie an den Aufgaben wächst, die Zombies sie verändern. Allison wird hart und versucht ihre Gefühle abzustellen. Doch dies gelingt ihr nicht. Ihr wird schnell klar, dass Gefühle es sind, was uns zu Menschen macht. Liebe, Freundschaft, Vertrauen, sind die Pfeiler der Menschheit. Geht dies verloren, ist die Welt verloren. Sie stolpert von einer schier aussichtslosen Situation in die nächste und gibt doch nicht auf. Diese Stärke kann man nur bewundern.
Ihren Freunden gelingt dieser innere Kampf nicht immer. Allison ist wie ein Ritter in strahlender Rüstung, ein Wegweiser. Gerne verlassen sich ihre Freunde und auch völlig Fremde, die sie durch ihren Blog erreicht, auf die junge Frau.

Mein Fazit
Ein wunderbares Buch! Die Grundidee ist spannend umgesetzt und konnte mich fesseln.
 


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