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Robinson, Kim Stanley

Antarktika

  • Autor:Robinson, Kim Stanley
  • Titel: Antarktika
  • Serie:
  • Genre:SF
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Heyne
  • Datum:00 -
  • Preis:25.43 DM

 
»Antarktika« von Robinson, Kim Stanley


Besprochen von:
 
S.B. Tenz
Deine Wertung:
(5)

 
 
Die Antarktis. Ewiges Eis, tückische Gletscher, mörderische
Winde und Blizzards. Überall lauern Gefahren. Aber diese Welt,
in ihrer bizarren Schönheit, bietet auch grenzenlose Freiheit, Luft
zum atmen und überwältigende Abenteuer.
Die wirklichen Antarktiker, ein buntgemischter Haufen, größtenteils
bestehend aus Wissenschaftlern, Forschern, Ölarbeitern und Bergsteigern,
sind ein recht eigentümliches Völkchen. Immer wieder zieht es
sie zurück in die Polarregion. So auch Val, eine junge Bergsteigerin,
die Trekking -Touren hinaus aufs Eis organisiert und durchführt.
Auf den Spuren von Amudson und Scott, läßt sie die Touristen
den Hauch eines letzten Abenteuers spüren. Für sie selbst allerdings,
sind diese Touren längst zur Routine geworden und haben mittlerweile
einen klischeehaften Nachgeschmack. Dann aber geschieht etwas völlig
unerwartetes. Val, die sich mit einer neuen Gruppe Touristen auf der Amudson-Route
befindet, gerät plötzlich in eine lebensbedrohliche Situation.
Aus der sonst bis ins kleinste Detail geplanten Tour, wird eine Tortur,
wobei es nur noch um das nackte Überleben geht. Nun beginnt ein Abenteuer,
wie es sich niemand der Gruppe, in seinen kühnsten Träumen hätte
vorstellen können.
Zur gleichen Zeit befindet sich auch Wade Norton, ein Assistent von Senator
Chase aus Kalifornien, im ewigen Eis. Wade soll Nachforschungen über
einige merkwürdige Vorkommnisse anstellen, die in letzter Zeit immer
häufiger geworden sind. Auch er gerät in eine schier hoffnungslose
Situation, aus der ihm nur sein ganzer Überlebenswille retten kann.
Ein Bürokrat aus Washington, verschollen im Eis der Antarktis. Ein
unbeschreiblicher Kampf, Mensch gegen Natur, beginnt.
Mitten in einer eisigen, uns fremden, Welt, nicht weit von uns entfernt.
Kim Stanley Robinson wurde 1952 in den USA geboren. Bekannt wurde
er durch seine Orange Country -Trilogie, einer dreifachen Geschichte der
Pazifikküste südlich von Los Angeles. 1992 erscheint sein wohl
bisher größtes Werk. Die Mars -Trilogie, Roter Mars (´92),
Blauer Mars (´94), Grüner Mars (´96).
Zweifellos gehört Robinson seit vielen Jahren zu den Spitzenautoren
amerikanischer Science Fiction. Darüber hinaus beherrscht er die
Hard-SF" genauso wie die Soft-Science". In Antarktika
wendet er sich wieder den politischen Verhältnissen der Erde zu.
Vor allem der menschlichen Verantwortungslosigkeit gegenüber der
Umwelt.
Ein ungewöhnlicher Roman. Zweifellos. Ein Porträt einer
geheimnisvollen Welt, die Paradies und Hölle zugleich zu sein scheint.
Dabei schwebt die ganze Zeit der Geist von Roald Amudson, Robert Falcon
Scott und (dem weniger bekannten) Shackleton über der Geschichte.
Wer sich für die Geschichte dieser Pioniere interessiert, der wird
sich freuen ein wenig in ihren Fußstapfen zu wandern, dank K.S.
Robinson´s hervorragender Recherche.
Der Autor weiß die eisige Landschaft so detailliert zu beschreiben,
daß der Leser förmlich die Kälte der Antarktis zu spüren
glaubt, die den Expeditionsmitgliedern erbarmungslos an den Knochen nagt.
Die Spannung steigt ganz langsam, fast unmerklich. Da stört es kaum,
daß der Autor hier und da mit wissenschaftlichen Begriffen um sich
wirft, die, um sie zu verstehen, fast schon ein geophysikalisches Studium
voraussetzen. Nüchterne, wissenschaftliche Fakten, gemischt mit einfühlsamer
Poesie, ergeben ein Leseabenteuer, das von Beginn an zu fesseln weiß.
Kernpunkt der Geschichte ist jedoch die politische Brisanz, die sich aus
der bevorstehenden Aufhebung des Antarktisvertrages ergibt.
Multinationale Konzerne, die nur an den Rohstoffen der Antarktis interessiert
sind und unbarmherzig die Ausbeutung des Kontinents vorantreiben sowie
deren fanatische Gegner, die auch vor Sabotage nicht zurückschrecken,
treffen in einer Welt aufeinander, die bis dato von gewaltsamen Auseinandersetzungen,
weitestgehend verschont geblieben war.
Besonders beeindruckt hat mich die Figur des Chinesen Ta Shuh, der als
Teilnehmer einer Expedition die Rolle des stillen Beobachters übernimmt.
Seine Berichte, die man auch als Tagebucheinträge interpretieren
könnte, besitzen philosophischen Tiefgang und regen immer wieder
zum Nachdenken an.
Fazit: Abenteuerroman? Öko-Thriller und/oder Politkrimi?
Wissenschaftliche Abhandlung oder reine Science Fiction? Reisebericht
und Hommage an einen faszinierenden Kontinent?
Es ist schwer die Story einem einzigen Genre zuzuweisen. Auf eine besondere
Art und Weise, beinhaltet der Roman eine Mischung von all dem. Es ist
eben ein ganz besonderer Roman, der auf eine ganz eigentümliche Weise
zu begeistern vermag. Wer die Geschichte aufmerksam gelesen hat, wird
einen ganz neuen Bezug zu einer Welt bekommen, die man wahrscheinlich
als letzten Zufluchtsort vor der Zivilisation bezeichnen kann. Das der
Autor selbst einige Zeit in der Antarktis zugebracht hat, wird schon nach
den ersten Seiten klar. Nur so konnte es Robinson schließlich möglich
sein, von einer Welt zu berichten, die beim lesen Sehnsucht nach grenzenloser
Freiheit auslöst. Der Leser sieht das Transantarktische Gebirge vor
seinem geistigen Auge und erkennt: Schönheit ist fraktal bis
unendlich, in beide Richtungen".
Ich mußte lange über die Geschichte nachdenken, habe
sie immer wieder Revue passieren lassen. Was bleibt, ist meine Überzeugung,
daß dieses Meisterwerk an literarischer Erzählkunst nur die
Höchstnote von 10 erhalten kann. Nicht zuletzt des hohen intellektuellen
Anspruchs wegen.
 


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