•  
    Leseliste
  •  
    Vogemerkt
  •  
    Rezension
  •  
    Gelesen
  •  
    Neu

Hennen, Bernhard

Die Gezeitenwelt 1
Der Wahrträumer

  • Autor:Hennen, Bernhard
  • Titel: Der Wahrträumer
  • Serie:Die Gezeitenwelt 1
  • Genre:Fantasy
  • Einband:Hardcover
  • Verlag:Piper
  • Datum:00 -
  • Preis:19.90 EUR

 
»Der Wahrträumer« (Die Gezeitenwelt 1) von Hennen, Bernhard


Besprochen von:
 
Carsten Kuhr
Deine Wertung:
(5)

 
 
Im Jahr 2002 begann man im Piper Verlag damit unter der Ägide von Friedel Wahren eine eigene Fantasy Edition im Hardcover aufzulegen. Von Beginn an sollten auch deutschsprachige Autoren, die zwischenzeitlich gottlob auch bei anderen Verlagen immer mehr Publikationsmöglichkeiten geboten bekommen, beteiligt werden.

Bernhard Hennen, der seit Jahren als Autor historischer und phantastischer Romane Erfahrungen gesammelt hat stiess daher mit seinem Projekt eines zwölf-bändigen Fantasy-Zyklusses abseits der ausgetretenen Pfade auf grosses Interesse. Konzipiert wurde die Gezeitenwelt nicht allein durch die vier an der Reihe beteiligten Autoren, auch Wissenschaftler aller Couleur trugen dazu bei, eine in sich logische, detailliert aufgebaute Welt zu kreieren. Zur Buchmesse 2002 erschien dann nach einer drei-jährigen Vorbereitungsphase dieser Roman, jährlich werden 2 weitere Bücher folgen, so dass der letzte Band 2008 erscheinen wird.

Bernhard Hennen selbst hat die Aufgabe übernommen, den Auftaktband zu verfassen. Er präsentiert uns einen Bilderreigen einer wahrhaft faszinierenden Welt. In vier zunächst voneinander getrennten Handlungssträngen berichtet er uns von den Ereignissen, die seinen Protagonisten nach einem Einschlag eines Asteroiden auf dem Planeten zustossen.

Alessandra, die Walfängerin, die mit ihrer Harpune wie keine zweite umgehen kann, wurde von dem Collector Francisco auserwählt als Märtyrer der endgültigen Askese teilhaftig zu werden. Um die Welt zu retten, soll sie unter einem Metallhelm verdursten. Doch auf den Weg in die geistige Metropole ihres Landes lehnt die junge Frau sich gegen ihr Schicksal auf. Sie verletzt Francisco schwer, tötet seine Begleiter und flieht. Sie schliesst sich der Corona an, einer geheimen Vereinigung, die Mafiaähnliche Strukturen aufweist, und bekämpft in deren Auftrag die geheimnisvollen Bestien, die seit dem Einschlag überall Unheil und Furcht verbreiten. Auch Francisco wird von der Kirche dazu bestimmt, die überall auftretenden Ungeheuer zu verfolgen.
Zur gleichen Zeit begleiten wir den Feldherren Joacino, wie er versucht das durch die Vernichtung der übermächtigen Flotte entstandene Machtvakuum zu füllen. Er ist kein simpler Usurpator dem es nur um Macht geht, er ist ein zutiefst ehrbarer Führer, der bereit ist für seine Untergebenen zu sterben.
Erneuter Orts- und Perspektivenwechsel. Seruun, ein junger, noch unerfahrener Schamane eines Indianerähnlichen Stammes offenbart nach dem Meteoriteneinschlag neue, lang vergessene mystische Kräfte. Als Wahrträumer vermag er eine Zukunft zu schauen, eins zu werden mit der Natur. Er führt seinen Stamm Richtung Süden zu den verheissenen Weiden – und in den Konflikt mit den dort lebenden Menschen.


Bernhard Hennen und seine Mitautoren haben es sich wahrlich nicht einfach gemacht – vorliegendes Buch ist der beste Beweis dafür. Den Leser erwartet einmal eben nicht die altbekannte Queste des jugendlichen Helden, der das Böse bekämpft und nach drei Bücher triumphiert. Nein, ganz im Gegenteil bietet er uns vier fesselnde Handlungsstränge, jeder für sich mit einem Protagonisten, dessen Motivation uns überzeugend geschildert wird. Kunstvoll verflochten wie in einem komplizierten Zopf verfolgen wir gebannt die unterschiedlichen Schicksale. Wir können die jeweiligen Handlungen verstehen und nachvollziehen, unsere Sympathien liegen bei den Handelnden. Doch dann geraten diese Personen miteinander in Konflikte. Die auf einem Steinzeitniveau befindlichen Nomaden ziehen gegen die klerikale Metropole um der drohenden Eiszeit zu entgehen. Die von der Entwicklung her auf Renaissanceniveau befindlichen Bürger wehren sich gegen die ihre Ernte vernichtenden Herden der Nomaden, es kommt zum Kampf. Für welche Seite mag man sich als Leser nun entscheiden? Beide Standpunkte sind überzeugend, die jeweiligen Entscheidungsträger sympathisch.
Abseits der üblichen schwarz-weiss Malerei versteht man die Handlung der jeweiligen Protagonisten, kann seine Sympathien eigentlich jedem der Beteiligten zuwenden, begreift man doch dessen Verhalten. Nun mag sich dies, und auch die vier Handlungsstränge ein wenig verwirrend anhören, es liest sich aber sehr spannend, flüssig und kurzweilig. Man merkt Hennen den Spass am Erzählen an. Die unterschiedlichen Perspektiven tragen dazu bei, uns die beschriebene Welt plastisch und abwechslungsreich zu präsentieren, ohne dass trotz des Umfangs Längen auftreten oder gar Langeweile aufkommt.
Diese Welt ist manchmal grausam zu ihren Bewohnern, jeder unserer Helden hat sein Päckchen zu tragen, und doch lassen uns die geschilderten Schicksale nicht los. Es gibt eine Unzahl von Geheimnissen, die teilweise aufgelöst werden, andere harren ihrer Auflösung in den weiteren Bänden.

Ist dies ein gutes Buch gewesen, hat sich die Lektüre gelohnt? Ein entschiedenes JA auf beide Fragen. Ich habe den dicken Wälzer lange, im Nachhinein zu lange vor mir hergeschoben. Ernst nach der fesselnden und unterhaltsamen Lesung des sympathischen Autors auf dem Buchmesse-Con habe ich mir das Werk vorgenommen. Nun aber bin ich ein Gezeitenwelt-Fan geworden, und kann dem Roman nur attestieren, dass er die Zeit auf jeden Fall wert ist!
 


Mehr Rezensionen von Carsten Kuhr