•  
    Leseliste
  •  
    Vogemerkt
  •  
    Rezension
  •  
    Gelesen
  •  
    Neu

Diane Cook

  • Autor:Diane Cook
  • Titel:
  • Serie:
  • Genre:SF
  • Einband:Paperback
  • Verlag:Heyne Verlag
  • Datum:15 Mai 2022
  • Preis:16.00 EUR

 
»« von Diane Cook


Besprochen von:
 
Elohym78
Deine Wertung:
(4)

 
 
Zwanzig neuzeitlichen Pionieren ist es gelungen, einen der begehrten Plätze in der Neuen Wildnis zu ergattern. Sie wurden ausgewählt, um an einem Experiment teilzunehmen, ob und wie es möglich ist, heute als Nomaden zu leben. Ohne Hilfsmittel, ohne Kontakt zur Außenwelt, immer auf der Reise ohne festen Bezugspunkt. Während die einen teilnehmen, um ihre Grenzen zu testen und neue Erfahrungen zu sammeln, ist es für andere die letzte Rettung, um aus den Städten zu gelangen und ein gesundes Leben zu führen.

Diane Cook erschuf ein eindringliches, bedrohliches und leider sehr realistisches Bild unserer Zukunft, wie sie schon in einigen Jahrzehnten sein könnte: Wegen der Überbevölkerung musste die Menschheit auf neuartige Wohnideen zurück greifen. Gigantische Megastädte entstanden, in den Menschen zusammengepfercht leben. Vor den Toren der Stadt wurden riesige Felder angelegt, um die Bevölkerung zu ernähren. Leben am Limit, denn die Ressourcen sind aufgebraucht, kein Hoffnungsschimmer am Horizont. Krankheiten machen sich breit und ein humanes, unbeschwertes Leben ist selbst für die Elite kaum mehr möglich. Einer Forschergruppe gelingt es, den letzten Flecken unberührter Natur in den Blickwinkel der Allgemeinheit zu katapultieren, in dem sie zwanzig Pioniere in die weitestgehend unberührte Natur einschleusen. Diese zwanzig sollen leben wie die Urmenschen: Als Jäger und Sammler. Und ganz wichtig, als Nomaden, die keine Spur hinterlassen. Ihren Unrat müssen sie verscharren, anfallenden Müll mit sich tragen, bis sie ihn an einer Versorgungsstation abgeben können und alle Spuren gründlichst verwischen. Es darf keinerlei Hinweise in der Natur geben, dass sie jemals da waren; Nachhaltigkeit und im Einklang mit der Natur eben. Stets von Drohnen und Ranger kontrolliert, die bei Bedarf Strafen verhängen können.
Was für den einen als Experiment beginnt, ist für den anderen lebensnotwendig. Bea und ihr Mann Glen kämpften für einen Platz in der Gruppe, da ihre Tochter Agnes reine Luft zum Überleben braucht. Kaum in der Wildnis angekommen, erholt sich Agnes von ihrer Lungenkrankheit und wächst unbekümmert heran. Sie kann sich zwar an die Zeit davor erinnern, doch ihr jetziges Leben hat sie so verinnerlicht, dass sie sich ein Leben in der Stadt nicht mehr vorstellen kann. Agnes versteht die Tiere, die Natur und auch das Wetter; sie ist zu einem Kind der Wildnis geworden, dass die Werte der Zivilisation nur schwer akzeptieren kann.
Der Autorin gelingt diese Ansicht kinderleicht. Auf der einen Seite die Schilderung der Zivilisation am Abgrund, auf der anderen Seite die Unbeschwertheit in der Natur. Zu gerne schloss ich mich der Gruppe an und beobachtete einen Sonnenaufgang mit kindlichem Staunen, lauschten den Rufen der Tiere und sorgte mich gleichzeitig um die Zukunft. Spannend zu beobachten fand ich die Umkehr der Werte; Besitz anhäufen vs. Leben.

Und genauso, wie sich die Werte verschoben, änderten sich auch die Prioritäten im Leben der Pioniere. Mühsam mussten die Städter den Umgang mit der Natur erleben, während es den Kindern sichtlich leicht fiel, im Einklang mit der Natur zu sein. Während früher das Ich im Vordergrund stand, heißt es jetzt Wir. Jeder übernimmt eine Aufgabe, die Gemeinschaft wächst zusammen und doch blitzen immer wieder Werte der Zivilisation auf, die für mit der Natur lebende völlig unbegreiflich sind. Am eindrucksvollsten fand ich die Schilderung einer Landkarte. Während die Erwachsen sich an dieses Stück Papiere regelrecht klammern und fest beißen, zählt für die Jugendlichen die Wege der Tiere. Folge diesen und du findest automatisch Wasser. Dies ist nur ein Beispiel von Vielen, dass Diane Cook anführte. Einfühlsam schildert sie die Umkehr der Werte, bzw. die Dinge, die wirklich wichtig sind im Leben; das was uns Menschen ausmacht: Die Gemeinschaft und wie schwer es ist, wenn nicht alle an einem Strang ziehen, weil einer den anderen einfach nicht verstehen kann. Oder einfach die Werte des anderen nicht nachvollziehen will, weil sie nicht in sein Weltbild passen. Aber was ist, wenn es eben nicht um persönliche Vorlieben, sondern um das nackte Überleben geht? Diane Cook wertet nicht, sie schildert einfach ein was wäre wenn und überlässt es jedem selbst, Schlüsse zu ziehen. Und genau das macht das Buch für mich so großartig.

Mein Fazit

Ich bin mir nicht sicher, ob die Neue Wildnis ein Buch über den Neubeginn oder ein Buch über das hoffnungslose Scheitern ist. Auf jeden Fall ist es schonungslos ehrlich und bewegend.
 


Mehr Rezensionen von Elohym78