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Dan Wells

Sarg niemals nie

  • Autor:Dan Wells
  • Titel: Sarg niemals nie
  • Serie:
  • Genre:Horror
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Piper Taschenbuch
  • Datum:01 April 2012
  • Preis:12,99 EUR

 
»Sarg niemals nie« von Dan Wells


Besprochen von:
 
Detlef V.
Deine Wertung:
(4.5)

 
 
England, im Jahr 1817: Frederick Whithers sitzt wegen Urkundenfälschung im Gefängnis. Als sein Zellengenosse an der Schwindsucht stirbt, reift in Frederick ein Fluchtplan heran. Er überredet den eingetroffenen Totengräber, ihn gegen ein geringes Entgeld in den Sarg des Verstorbenen zu legen und so aus dem Gefängnis herauszuschmuggeln. Auf dem nahe gelegenen Friedhof steigt er wieder aus dem Sarg. Dabei wird er von einer Gruppe von Vampiren beobachtet die Frederick fortan für ihren angekündigten und gerade eben auferstandenen Anführer, den „Erhabenen“, halten.

Frederick kann sich den Huldigungen der Vampire zunächst erwehren und setzt zusammen mit John Keats, den er auf seiner Flucht kennengelernt hat, den Plan um, aufgrund dessen er überhaupt erst im Gefängnis gelandet ist. Er gibt sich als Hinterbliebener des verstorbenen Harold Beard aus um an dessen Nachlass, immerhin 90000 Pfund, zu gelangen. Aber der ganze Coup erweist sich als ein Vorhaben mit etlichen Hindernissen. Nicht nur das seine Geliebte, die ebenfalls an der Erbschleicherei beteiligt ist, ihm in die Quere kommt, er muss sich fortan auch noch mit dem Vampirjäger Inspector Herring, der Frederick ebenfalls für den „Erhabenen“ hält und daher keinen Versuch auslässt diesen zu pfählen, und einer durchgeknallten Frau, die nachts auf den Friedhof schleicht und Leichen zersägt, herumschlagen.

Als ob das nicht schon reichen würde, stellt ihm ebenfalls noch die Gruppe von Vampiren nach, die sich ihrem Anführer als würdig erweisen und seine Gunst erlangen wollen. Als Krönung erscheint noch der wahre „Erhabene“, der Fürst der Vampire, der von Fredericks Rolle in der Geschichte alles andere als begeistert ist und seine eigenen Ansprüche geltend macht. Das ganze endet in einem irrwitzigen Finale, mitten in einem Bestattungsinstitut.

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Das Buch ist echt klasse.
Ein Erbschleicher der irrtümlich für den “Erhaben“ gehalten wird, ein Dichter der in Reimen spricht und besser keine Totenreden halten sollte, eine Frau die auf Friedhöfen Leichen zersägt, der wahre „Erhabene“ der sich als Nullnummer entpuppt, ein engagierter Vampirjäger der alles und jeden pfählen will, eine Gruppe irregeleiteter Vampire und ein armer Totengräber der nicht weiß wie ihm geschieht, sind die Protagonisten dieser absolut durchgeknallten Geschichte. Wie ein runnig gag, erhebt sich Frederick Whithers, alias Oliver Beard, zu jedem falschem Zeitpunkt aus einem Sarg und das, obwohl er gerade ernsthaft versuchte zu erklären das er kein Vampir sei.

Alle was Frederick sagt oder macht, wird grundsätzlich von allen, aber wirklich allen, falsch verstanden und gegen ihn ausgelegt. Egal wie oft er beteuert weder ein Vampir noch der „Erhabene“ zu sein (und er beteuert das sehr oft) - niemand glaubt ihn.

„Damit das ein für allemal klar ist“, sagte ich. „Ich bin nicht der Erhabene, ich bin kein Vampir“.
„Vergib uns Erhabener“, rief Schwarz. „Sag uns wie wir deine Gunst zurückgewinnen können.“
„Ich bin nicht der Erhabene seht her.“ Ich zog die Oberlippe hoch. „Ich habe noch nicht einmal Reißzähne.“
„Er kann sie einklappen“, raunte ein Vampir seinem Nachbarn zu.
„Außerdem trinke ich kein Blut.“
„Er braucht kein Blut“, flüsterte ein anderer aufgeregt. "Er ist noch viel stärker als wir dachten.“

Auch seine Freundin und Mitverschwörerin Gwendolyn ist ihm keine große Hilfe. Als sie mitbekommt das man Frederick für einen Vampir hält und ihn pfählen möchte, sieht sie ihre Chance Frederick loszuwerden um die unrechtmäßige Erschaft für sich allein zu beanspruchen. So versucht sie dem Lynchmob und Vampirjäger Herring einzureden, dass Frederick (der natürlich mal wieder und völlig unpassenderweise in einem Sarg liegt) übernatürliche mentale Kräfte hat, mit denen er seine Opfer wehrlos machen kann um sie dann auszusaugen.

„Ich habe deine Gedanken beeinflusst?“
„Mit deinen übernatürlichen Kräften.“
„Wie könnte ich deine Gedanken mit übernatürlichen Kräften beeinflussen, wenn ich gar keine solchen Kräfte habe?“
„Wenn du keine hast, wie hast du dann meine Gedanken beeinflusst?“
“Das habe ich nicht getan.“
„Du wagst es zu leugnen?“
„Dann nenn doch nur ein Beispiel. Was habe ich dir zu tun befohlen?“
„Da, genau das war es. Du hast mir befohlen etwas zu benennen.“
„Aber du stehst nicht unter meiner Gewalt!“
„Warum habe ich dann geantwortet?“

Ebenso trifft der Leser viele historische Bekannte in der Geschichte. Die Schriftstellerin Jane Austen und der Dichter John Keats sind genauso eingespannt wie etwa Mary Shelley, die gerade an ihrem Frankenstein arbeitet - nur leider nicht in schriftstellerischer Hinsicht.

Viele neue Erkenntnisse wird man zudem über Vampire gewinnen. Etwa warum Kaninchen so beliebt bei Ihnen sind oder das sie nicht nur gegen Knoblauch eine Abneigung hegen, sondern generell gegen alles was stark schmeckt und beißend riecht. Einer der Vampire muss schamhaft eingestehen das er schon mal von einem Stück Cheddar Käse in die Flucht geschlagen wurde.

Da dies mein erstes Buch von Dan Wells ist, kann ich keine Vergleiche zu früheren Werken ziehen. Er versteht es in diesem Buch den Leser glänzend zu unterhalten. Die Charaktere, eigentlich egal um wen es sich handelt, sind Sympathieträger. Man erfährt zwar nur das allernötigste von ihnen, aber das tut dem Spaß an der Geschichte absolut keinen Abbruch.

Das Buch ist lustig aber nicht albern. Es bezieht den Reiz daraus was passiert, wenn zwei oder mehr Leute zwar miteinander kommunizieren, aber absolut aneinander vorbeireden. Frei nach dem Motto: Wenn zwei das gleiche machen ist es noch lange nicht dasselbe.

Aber nicht nur der Inhalt ist erstklassig, auch die Gestaltung des Buches ist meines Erachtens hervorragend gelungen. Da muss ich dem Piper Verlag ein großes Kompliment aussprechen. Die rote Schrift auf dem Cover sieht aus, als wenn sie mit Kerzenwachs auf das Buch geschrieben wurde. Das kleine Bild und die Schrift auf dem Cover sind im Präge- oder auch Reliefdruck gehalten. Am Vorderschnitt hat das Buch einen Rough Cuth. Es macht schon Spaß das Buch anzuschauen und in der Hand zu halten.

Wer also ein Buch sucht in dem Tote zum absolut unpassenden Zeitpunkt wieder zum Leben erwachen oder in einem Sarg grundsätzlich der Falsche liegt (wenn überhaupt jemand drin liegt) oder kurzum ein herrliches Chaos sucht, der ist mit dem Buch von Dan Wells bestens bedient. Diese Buch schreit förmlich nach einer Verfilmung.
 


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