•  
    Leseliste
  •  
    Vogemerkt
  •  
    Rezension
  •  
    Gelesen
  •  
    Neu

Andreas Eschbach

NSA - Nationales Sicherheits-Amt: Roman


 
»NSA - Nationales Sicherheits-Amt: Roman« von Andreas Eschbach


Besprochen von:
 
Detlef V.
Deine Wertung:
(3)

 
 
Weimar 1942: Die Programmiererin Helene arbeitet im Nationalen Sicherheits-Amt und entwickelt dort Programme, mit deren Hilfe alle Bürger des Reichs überwacht werden. Erst als die Liebe ihres Lebens Fahnenflucht begeht und untertauchen muss, regen sich Zweifel in ihr. Mit ihren Versuchen, ihm zu helfen, gerät sie nicht nur in Konflikt mit dem Regime, sondern wird auch in die Machtspiele ihres Vorgesetzten Lettke verwickelt, der die perfekte Überwachungstechnik des Staates für ganz eigene Zwecke benutzt und dabei zunehmend jede Grenze überschreitet ...

Was wäre, wenn es im Dritten Reich schon Computer gegeben hätte, das Internet, E-Mails, Mobiltelefone und soziale Medien - und deren totale Überwachung?

-----

Nachdem mir letztens Perry Rhodan – Das größte Abenteuer so ungemein gut gefallen hat, war für mich klar, dass ich unbedingt ein weiteres Buch von Andreas Eschbach lesen wollte. Durch die durchaus guten Besprechungen auf das vorliegende Buch aufmerksam geworden, habe ich mich dann für NSA – Nationales Sicherheits-Amt entschieden. Jetzt, nachdem ich das Buch gelesen habe, läßt mich dieses leider recht zwiespältig zurück.

Auf der einen Seite hat Eschbach hier zwar ein brandaktuelles Thema gewählt, nämlich das Leben in einem Staat der die absolute Kontrolle über seine Bevölkerung ausübt, auf der anderen Seite jedoch verliert sich das Buch immer viel zu oft in den persönlichen und für mich sehr unappetitlichen Problemen seiner beiden Protagonisten Eugen Lettke und Helene Bodenkamp. Wenn sich gefühlt die Hälfte des Buch quasi nur um Sex, Vergewaltigung und „das erste Mal“ dreht, frage ich mich dann doch, wie man so etwas in ein so ungemein wichtiges Thema reinpacken kann.

Klar, um seine Vergewaltigungsopfer zu finden muss Lettke sich des Komputers und seiner Möglichkeiten bedienen, und damit Helene fröhlich mit ihrem Arthur rumpoppen kann, muss sie diese Aktionen mit Hilfe des Komputers verbergen, aber mal ganz im Ernst, muss ich dann tatsächlich lesen, wie Helene die spermaverklebten Pornos ihres verstorbenen Bruders, die dieser als Wichsvorlage genommen hat, durchblättert oder Eugen Lettke mit Hilfe von viel Spucke die Vagina seines Vergewaltungsopfers erst schön feucht macht um sie dann zu penetrieren (um es mal höflich zu formulieren)? Ganz im Ernst, ich möchte das nicht lesen, auch nicht von einem Andreas Eschbach. Allein aus diesem Grund stand ich kurz davor entnervt aufzugeben. Zumal sich diese Aktionen und alles was damit zusammenhängt fast durch mehr als die Hälfte des Buches zieht.

Das ich mich dennoch im begrenzten Maße an dem Buch erfreuen konnte, liegt daran, dass Eschbach hier wirklich schonungslos die andere Seite dessen erzählt, über das wir uns momentan noch freuen können: freien Internetzugang, weltweite Vernetzung, zu jeder Zeit mit jedem in Kontakt treten zu können, und und und. Das es auch anders geht und das die weltweite Vernetzung auch eine dunkle und negative Seite hat, führt Eschbach hier allen Lesern vor Augen. Das Ergebnis all dessen ist der totalitäre Überwachungsstaat in dem nichts, aber auch gar nichts, unentdeckt bleibt.

Eschbach hat hier alle Möglichkeiten des Staates ausgelotet und dabei noch nicht einmal übertrieben, sondern alles konsequent zu Ende geführt. Wenn solch ein Szenario in einer Demokratie stattfindet ist das ja schon schlimm genug, aber das Eschbach seine Ereignisse in Hitler-Deutschland spielen lässt, in einem sowieso schon diktatorischen Staat ist das alles noch viel bedrückender und vor allen Dingen – hoffnungsloser. Und diese Hoffnungslosigkeit bekommen Eugen Lettke und Helene Bodenkamp am eigenen Leib zu spüren. Das Schicksal, das ihnen Eschbach anheimfallen läßt, ist einfach nur schlimm und deprimierend.

Was mich an diesem Buch im Vorfeld gereizt hat, war die Kombination Drittes Reich / mobile Telefone / Internet (Weltnetz) und Komputer. Auch wenn Eschbach viele Möglichkeiten aufgezeigt und einige netten Erkärungen hat einfließen lassen, so ist mir diese Kombination doch einfach viel zu stiefmütterlich behandelt worden. Ich hätte mir mehr Details zu dem Leben in solch einem Staat gewünscht, mehr Informationen, ein tieferes Eindringen in das Thema. Hätte der Krieg tatsächlich bis Stalingrand den gleichen Verlauf genommen wie in unserer Zeit, hätte der Besitz von mobilen Telefonen, die Erreichbarkeit aller Soldaten untereinander, nicht den Verlauf geändert, da die Kommunikation in einem Krieg das A und O ist?

Klar, in gewissem Maße geht Eschbach schon darauf ein, aber viel zu selten und dann immer nur auf die beiden Protagonisten bezogen. In mir ist das Gefühl, dass man einfach mehr aus der Geschichte und deren Möglichkeiten hätte machen können. Auch bleibt die Frage, warum die Amerikaner, die in der Atomwaffenforschung bereits einen so großen Vorsprung gegenüber Deutschland hatten, sich noch innerhalb kürzester Zeit die Butter vom Brot haben nehmen lassen. All das, hat bei mir Fragen aufgeworfen, die mir leider nicht beantwortet wurden.

Eschbach hat meiner Meinung nach den Fehler gemacht, sich zu sehr auf Lettke und Bodenkamp zu konzentrieren. Wäre es dabei wenigstens um ein anderes Thema als Sex gegangen, hätte ich vielleicht noch damit leben können. Gefallen hat mir jedoch die Aufzeigung der Möglichkeiten, die durch die entwickelte Technik entstanden sind. Wie sie konsequent eingesetzt wurde und so den totalen Überwachungsstaat erst möglich gemacht hat. Die Spannungskurve hingegen war für mich relativ flach, erst gegen Ende hin stieg diese an, als beiden Protagonisten ein Fehlverhalten seitens der SS nachgewiesen werden konnte und man als Leser befürchten musste, dass dies unangenehme Konsequenzen für beide nach sich ziehen würde.

Fazit
NSA zeigt eine absolut dystopische Zukunft, die mich als Leser durchaus erschreckt hat. Wenn ich bedenke, dass wir heute schon all die Mittel zur Verfügung haben um einen totalen Überwachungsstaat einzurichten, wird mir Angst und Bange. Viele der im Buch beschriebenen Möglichkeiten sind bereits Fakt: Gesichtserkennung, Transparenz des Kaufverhaltens, Überwachung von Telefonaten und Ortung des jeweiligen Aufenthaltsortes. Wir müssen aufpassen, dass wir uns in naher Zukunft nicht in dem Deutschland wiederfinden, das Eschbach hier beschrieben hat – mit allen negativen Konsequenzen. Nur, über eines bin ich mir ziemlich sicher: Den meisten Leuten wird es eh scheißegal sein.
 


Mehr Rezensionen von Detlef V.